Ein Oskar für Tourette Online
Oskar-Kuhn-Preisverleihung 2003
Im Rahmen des Hauptstadtkongresses Medizin & Gesundheit wurde am 26. Juni 2003 im ICC Berlin der Oskar-Kuhn-Preis verliehen. Damit prämierte die Bleib-Gesund-Stiftung zum dritten mal herausragende Projekte und wissenschaftliche Arbeiten aus dem Bereich der Gesundheitskommunikation.
Der diesjährige erste Preis ging zu gleichen Teilen an Herrn Christian Hempel (Tourette Online) mit dem Internetprojekt www.tourette.de und an Frau Sabine Jansen von der Alzheimer Gesellschaft Deutschland mit dem Projekt "Hilfe beim Helfen". Lobende Anerkennungen erhielten die Projekte "Alkohol-Fernsehen-Jugendliche" von Frau Claudia Lampert und "Malerei als Int eraktion" von Frau Dr. Margot Ende.
Eine kurze Ablaufbeschreibung des Tages.
8.30 h
Die Info-Inseln der verschiedenen Projekte sind aufgebaut, die ersten Gäste treffen ein. Parallel beginnt der Haupstadtkongress mit seinen Messe-Austellern aus den Medizinischen-, Pharmazeutischen- und Versicherungs-Bereichen.
9.00 h
Eröffnung der Preisverleihung. Begrüßung und Erläuterung zur Fachjury, den Kuratoren, dem Preis und der Bleib-Gesund-Stiftung und Erläuterung: "Wer war Oskar Kuhn". Preisübergabe mit Urkunde und Blumenstrauß. Die Preisträger haben die Möglichkeit einer Ansprache an das Auditorium.
10.15 - 11.00 h
Pressekonferenz mit den Preisträgern auf der nach den einleitenden Worten keine einzige Frage der Pressevertreter gestellt wird. War die Kommunikation und die Pressemappe so gut, dass es wirklich keine Fragen mehr gibt oder besteht kein Interesse? Oder traut man sich vielleicht nicht, weil die Tics des Tourette Syndroms trotz ausführlicher Information doch mehr betroffen als frei machen? Etwas schade.
11.00 - 14.00 h
Leckeres Büfett und Gespräche an den Info-Inseln der verschiedenen Projekte
Der Tourette Online Stand wird gut besucht, es entstehen interessante Gespräche mit Menschen aus den verschiedensten Bereichen (z.B. der Leiter eines Krankenhauses, der sich grundlegend über Tourette informiert, die Krankenschwester aus Hamburg, die Tourette schon kennt und gerne auf www.tourette.de geht, der Redakteur, der sehr überrascht war, dass es Pressekonferenzen gibt, auf denen die Pressevertreter keine einzige Frage haben und jetzt nocheinmal Genaueres erfahren möchte.)
Eine insgesamt sehr gelungene Veranstaltung im ICC Berlin, durch die entsprechende weitere Öffentlichkeit zu erwarten ist. Öffentlichkeit, die für alle ausgezeichneten Projekte so wichtig ist. Vielen Dank allen Verantwortlichen, allen Gästen und Helfern, die dazu beitrugen.
Photos © by Th. Räse
Danksagung und Ansprache von Christian Hempel
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Kind - ich bin in Berlin aufgewachsen - ging ich oft staunend ins ICC Berlin und habe nur gespielt, einmal hierher eingeladen zu sein und wie heute vor Ihnen zu reden.
Ich freue mich sehr über den Oskar-Kuhn Preis 2003 und bedanke mich neben der wertvollen Auszeichnung für die damit verbundene Öffentlichkeit und das Preisgeld.
Natürlich gilt diese Auszeichnung nicht nur mir persönlich, sondern auch den vielen Mitwirkenden an dem Projekt Tourette Online und www.tourette.de. Das sind Menschen mit und ohne Tourette Syndrom, das sind Freunde und fachliche Berater, das ist die Tourette Gesellschaft Deutschland e.V. und das sind Ärzte, die alle ehrenamtlich und wahnsinnig engagiert für die schwierige Aufgabe eintreten, etwas nach Außen zu erklären, was äußerst schwer zu vermitteln ist.
Starten sie die PR-Übung für Fortgeschrittene, in einer ruhigen Umgebung lauthals loszuschreien besser mit Blick auf den Notausgang und ihre körperliche Fitness oder merken Sie sich mindestens die Internetadresse www.tourette.de.
Auch die eigentlich für jeden Menschen selbstverständliche Mobilität, wird mit einem stark ausgeprägten Tourette Syndrom in Frage gestellt. Einfach los und raus, einfach in irgendein Hotel - das wird mit Tourette schnell zu einem Problem.
Das Preisgeld soll deswegen den Anfang zu einem auf Tourette Bedürfnisse ausgestatteten Reisemobil bilden. Weitere Sponsoren oder großzügige Autohersteller werden hierfür dringend gesucht.
Bei den vielen Medienaktivitäten zum Tourette Syndrom in der jüngsten Zeit, ist es um so wichtiger, zu erwähnen, was leicht vergessen wird: Das Tourette Syndrom gehört immer noch zu den am wenigsten erforschten neurologischen Erkrankungen. Ein berühmter Gehirnforscher sagte: "es ist wahrscheinlich die geheimnisvollste und komplexeste Krankheit, die es, seit Menschen denken können, gibt. Wenn wir das Tourette Syndrom und seine zugrundeliegenden hirnphysiognomischen Dispositionen einmal vollständig erkannt haben sollten, werden wir mit diesem Wissen, viele weitere Rätsel des Menschen gelöst haben."
Wobei wir klar sehen müssen, dass gerade die Hoffnung auf Enträtselung und das Vertrauen in die Wissenschaft, allem auf den Grund zu kommen, dazu führen kann, dass die Angst vor dem Unerklärbaren, die Panik vor dem Seltsamen, Unerwarteten zunimmt.
Deshalb, nicht um die Wissenschaft gering zu schätzen, möchte ich abschließend den Künstler und Dichter Rainer Maria Rilke zitieren:
"Wir haben keinen Grund, gegen unsere Welt Misstrauen zu haben, denn sie ist nicht gegen uns. Hat sie Schrecken, so sind es unsere Schrecken, hat sie Abgründe, so gehören diese Abgründe uns, sind Gefahren da, so müssen wir versuchen, sie zu lieben."
Vielen Dank noch einmal für den Oskar-Kuhn-Preis 2003, er hilft dabei, die Schrecken eines Tourette Syndroms ein bisschen mehr zu lieben.